Angesagt in ganz Europa

International erlebt die Bundesliga einen besonderen Moment – dank eines packenden Wettstreits zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München. Die Bundesliga-Spielzeiten 2003/04 bis 2012/13.

Text: Christian Paul

London, 25. Mai 2013: Die englische Hauptstadt trägt an jenem Tag schwarz-gelb und rot-weiß. Tausende Anhänger von Borussia Dortmund und des FC Bayern München sind zum Höhepunkt des europäischen Fußballjahres angereist, dem „deutschen“ Finale der UEFA Champions League. Mit ihren Trikots, Schals und Fahnen verwandeln die Fans den Endspielort schon seit den frühen Morgenstunden in eine einzige Partymeile, das Wembley-Stadion wird am Abend Schauplatz eines sportlich mitreißenden und atmosphärisch eindrucksvollen Fußballfestes made in Germany. Die Bundesliga ist aufregend, erfolgreich und in ganz Europa angesagt.

Der FC Bayern feierte mit dem 2:1-Sieg gegen den BVB nach der Deutschen Meisterschaft den zweiten Titel, später stand nach dem DFB- Pokalfinale sogar das „Triple“. Unter Trainer Jupp Heynckes, dem ehemaligen Stürmer von Borussia Mönchengladbach, gelang dies zum ersten Mal in der Clubgeschichte. Stars wie Philipp Lahm, Franck Ribéry, Arjen Robben und Bastian Schweinsteiger waren auf dem Zenit ihres Leistungsvermögens. Und das britische Magazin „442“ kürte den Kontrahenten aus Dortmund schon vor dem Finale auf dem Cover zum „heißesten Club Europas“.

Jürgen Klopp und der BVB spielen Heavy Metal“-Fußball

Dessen Trainer Jürgen Klopp, als Profi einst mit 325 Einsätzen ausschließlich in der 2. Bundesliga aktiv, hatte den Club nach seinem Start 2008 komplett transformiert. Wenige Jahre nachdem die Borussia vor allem dank Dr. Reinhard Rauball und Hans-Joachim Watzke nur knapp die Insolvenz abgewendet hatte, formte der ehemalige Spieler und Trainer des 1. FSV Mainz 05 aus jungen, entwicklungsfähigen Profis wie Mats Hummels, Mario Götze, Ilkay Gündogan und Robert Lewandowski eine Mannschaft, die laufintensive Abwehrarbeit und überfallartige Angriffe verbinden konnte. Seine „Mentalitätsmonster“ (Klopp) spielten „Heavy Metal“-Fußball, also höchste Intensität mit dem und gegen den Ball, Stichwort: Gegenpressing. Vollgas in jeder Minute. Ein Spiegelbild ihres Trainers, der mit „Pöhler“-Mütze maximale Leidenschaft an der Seitenlinie vorlebte. Eine „Traum-Ehe“, schrieb der „kicker“.

In der Saison 2011/12 verteidigt Borussia Dortmund mit Trainer Jürgen Klopp (Mitte) erfolgreich die Deutsche Meisterschaft.
Foto: Witters

Seine Art, Fußball zu denken, sollte in der Bundesliga stilbildend werden. Andere Clubs ließen sich von der Philosophie inspirieren. Auch der FC Bayern, der zusehen musste, wie 2011 die Deutsche Meisterschaft und 2012 zusätzlich der DFB-Pokal an die Borussia ging und so die sportliche Statik an der Bundesliga- Spitze ins Wanken geriet. Schon zu Beginn der Dekade, als der SV Werder Bremen unter Trainer Thomas Schaaf 2004 ausgerechnet in München die Deutsche Meisterschaft perfekt machte, schien dies der Fall. Damals noch im Olympiastadion gewannen die Gäste um Torschützenkönig Ailton, in der Abwehr mit Frank Baumann, heute Geschäftsführer Fußball der Bremer, Valerien Ismael und Mladen Krstajic sowie mit Spielgestalter Johan Micoud am 32. Spieltag 3:1. Als ihnen kurz darauf mit dem Gewinn des DFB-Pokals auch das „Double“ gelang, reagierte der FC Bayern unter Trainer Felix Magath mit den Meisterschaften 2005 und 2006 sowie jeweils dem Gewinn des DFB-Pokals – der noch immer einzige Gewinn beider Titel einer Mannschaft mit demselben Coach in zwei aufeinanderfolgenden Jahren.

Der VfL Wolfsburg feiert mit Trainer Felix Magath seine erste Deutsche Meisterschaft. Der Brasilianer Grafite aus dem Team der Niedersachsen wird mit 28 Treffern Torschützenkönig.
Foto: DFL/Getty Images/Krafft Angerer

Doch eine andauernde Überlegenheit der Bayern sollte sich nicht einstellen. 2007 begeisterte der VfB Stuttgart mit seinen „Jungen Wilden“ und holte sich den Titel. In der Mannschaft von Trainer Armin Veh spielten unter anderem Cacau, Mario Gomez, Thomas Hitzlsperger und Sami Khedira groß auf. Und 2009 war es erneut Felix Magath, der jubeln durfte, diesmal mit dem VfL Wolfsburg. Die erste Deutsche Meisterschaft der Wolfsburger Clubgeschichte gelang unter anderem dank eines 5:1-Sieges gegen den FC Bayern am 26. Spieltag. Das Tor des Brasilianers Grafite zum Endstand zählt zu den schönsten in der Historie der Bundesliga: Der Angreifer ließ zwei Abwehrspieler sowie Torwart Michael Rensing aussteigen. Als er sich mit dem Rücken zum Tor wiederfand, beförderte er den Ball mit der Hacke an allen Gegenspielern vorbei ins Tor.

Positive Auswirkungen auf den deutschen Profifußball

Der FC Bayern München spielt ab der Saison vor der WM 2006 in Deutschland in der Allianz Arena und schafft mit Trainer Felix Magath die erfolgreiche Titelverteidigung.
Foto: Witters

So viel Spektakel und Tempo kam an, auch bei den Zuschauern. In der Saison 2010/11 strömten insgesamt 12,88 Millionen Fans in die Bundesliga-Stadien, von denen viele für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland modernisiert worden waren, die Allianz Arena in München hatte man sogar komplett neu gebaut. Das „Sommermärchen“ hatte den Fußballboom angefeuert, dank einer deutschen Nationalmannschaft, bestehend aus vielen Bundesliga-Profis, die unter Jürgen Klinsmann und dann Joachim Löw viele Jahre ebenso ästhetischen wie erfolgreichen Fußball zelebrierte.

Dass der Rückblick auf diese Dekade der Bundesliga und des deutschen Profifußballs insgesamt so positiv ausfallen würde, war zunächst nicht abzusehen. Denn zu Beginn des Jahrzehnts waren die Nachwehen der Krise rund um das Ende von Leo Kirchs Medienunternehmen im Jahr 2002 noch zu spüren – und das kurz nachdem die Bundesliga und die 2. Bundesliga überhaupt erst „selbstständig“ geworden waren.

Gründung der DFL

Parallel zur wachsenden wirtschaftlichen Stärke und dem immer weiter steigenden Interesse der Öffentlichkeit am deutschen Vereinsfußball war die Erkenntnis gewachsen, dass die Proficlubs in Deutschland eine eigenständige Organisation benötigten. So erfolgte am 18. Dezember 2000 in Neu-Isenburg die Gründung des Ligaverbandes durch die Versammlung der Lizenzvereine, womit der einstimmige Beschluss für diese Strukturreform bei einem Außerordentlichen Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Mainz am 30. September 2000 umgesetzt wurde. Zum ersten Präsidenten wurde Werner Hackmann gewählt. Der Ligaverband wiederum gründete zur Wahrnehmung des operativen Geschäfts ab dem 1. Juli 2001 die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH mit Wilfried Straub als Vorsitzendem der Geschäftsführung.

Werner Hackmann, erster Präsident des Ligaverbandes, Wilfried Straub, erster Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung und der frühere DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder (von links) waren wesentlich am Weg des Profifußballs in die Eigenständigkeit beteiligt.
Foto: Witters

Zu den Aufgaben der DFL gehörten von Beginn an unter anderem die Organisation des Spielbetriebs und die Durchführung des Lizenzierungsverfahrens. Christian Seifert, als Nachfolger von Straub seit 2005 Vorsitzender der Geschäftsführung der DFL, und Dr. Reinhard Rauball, BVB-Präsident und seit 2007 Ligapräsident, gelang es in den kommenden Jahren aber auch, eine neue wirtschaftliche Stabilität herzustellen. Grundlage für weiteres Wachstum im In- und Ausland.

Im Jahr 2006 gründete die DFL das Produktionsunternehmen Sportcast und 2008 die DFL Sports Enterprises, Vorgängerin der 2017 ins Leben gerufenen Bundesliga International – sie vermarktete die Bundesliga im Ausland. 2012 entstand mit der DFL-Vertretung in Singapur das erste internationale Büro einer europäischen Liga in Asien, auch die Tochtergesellschaft DFL Digital Sports nahm in Köln ihre Arbeit auf. Die Riege der Tochtergesellschaften bereicherte 2016 die Technologieeinheit Sportec Solutions, ein Joint Venture mit Deltatre. Heute ist die DFL eine Unternehmensgruppe mit 380 Mitarbeitenden, welche die gesamte mediale Wertschöpfungskette abbildet.


Der Autor: Christian Paul ist Chefredakteur des DFL MAGAZINs.