Der Fußball trauert um Christoph Daum

Foto: IMAGO/Sven Simon

25.08.2024 – Der Fußball trauert um Christoph Daum, der am gestrigen Samstag im Alter von 70 Jahren gestorben ist.

Der Titel seines 2021 erschienenen Buches wirkt wie eine Überschrift für das gesamte Leben von Christoph Daum: „Immer am Limit.“ Eine wahre Achterbahnfahrt absolvierte der Fußballlehrer, seit er 1986 Trainer des 1. FC Köln in der Bundesliga geworden war. Oft ganz oben, dann nach unten gestürzt. Und wieder aufgestanden. „Immer ein Grenzgänger und Provokateur“, wie es in der Ankündigung der Biografie der schillernden Persönlichkeit hieß. „Aber auch immer ein leidenschaftlicher Trainer und Mensch geblieben.“

Christoph Daum, im sächsischen Zwickau geboren und in Duisburg aufgewachsen, polarisierte mit seinen markigen Sprüchen und außergewöhnlichen Maßnahmen. Mal attackierte er die Konkurrenz, auch übermächtig erscheinende Gegner wie den deutschen Rekordmeister FC Bayern München und dessen damaligen Manager Uli Hoeneß. Mal schrieb er während seines Engagements in der Türkei den dortigen Medienschaffenden ins Stammbuch: „Im Vergleich zu den Artikeln, die sie schreiben, sind die Märchen aus Tausendundeiner Nacht empirische Untersuchungen.“ Auch ließ er Spieler über Glasscherben laufen, damit diese Profis ihre Potenziale erkennen und möglichst besser ausschöpfen sollten. Im Meisterrennen mit dem 1. FC Köln klebte er als Anreiz die Meisterprämie an die Kabinentür, seinem Meisterteam in Stuttgart präsentierte er schon mal die gegnerische Aufstellung mit lauter „X“ statt der Namen – um seinen Spielern zu verdeutlichen, dass nur sie entscheidend sind. Selbst war er schon in seiner aktiven Zeit sehr ehrgeizig gewesen, schaffte aber nicht den Durchbruch zum Profi. Mit der 2. Mannschaft des 1. FC Köln wurde er 1981 Deutscher Amateurmeister.

Die Erfolge kamen, als Christoph Daum beim FC überraschend vom Co- zum Cheftrainer wurde und die Liga mit einem spektakulären Meisterrennen gegen die Bayern elektrisierte. Deutscher Meister wurde er aber erst 1992 mit dem VfB Stuttgart, scheiterte mit den Schwaben in der ersten Runde der UEFA Champions League dann an Leeds United, weil ihm mit der damals nicht erlaubten Einwechslung eines vierten ausländischen Spielers ein folgenschwerer Fauxpas unterlief. Zwar hinzufallen, aber trotzdem immer wieder aufzustehen, lautete seine Devise – damals wie später. Und so blieb er aufgrund seiner Arbeitsweise und der Art, seine Mannschaften zu motivieren, als Fußballfachmann überaus anerkannt. Nach erfolgreichen, aber nicht von Titeln gekrönten Jahren bei Bayer 04 Leverkusen war er für die Aufgabe als Bundestrainer schon bestimmt, als die Kokainaffäre ihn diese in Aussicht gestellte Tätigkeit ebenso kostete wie den Trainerposten der Werkself.

Anschließend galt Christoph Daum hierzulande über Jahre als „Ausgestoßener“. Während dieser Zeit arbeitete er erfolgreich in der Türkei, wurde nach dem Titel mit Besiktas Istanbul 1995 mit dem Lokalrivalen Fenerbahce 2004 und 2005 unter anderem nationaler Meister, dies später auch in Österreich mit dem FK Austria Wien, wo sogar das Double samt Pokalsieg gelang. 2006 kehrte er zum 1. FC Köln zurück, den er wieder in die Bundesliga führte. Später trainierte er in der höchsten deutschen Spielklasse noch Eintracht Frankfurt. Insgesamt stand Daum in der Bundesliga bei 426 Spielen an der Seitenlinie, außerdem bei 52 Begegnungen der 2. Bundesliga. In Belgien betreute Christoph Daum den FC Brügge, in der Türkei auch Bursaspor. Zuletzt war er bis 2017 als Coach der Nationalmannschaft von Rumänien tätig.

2022 machte Christoph Daum seine Erkrankung an Lungenkrebs bekannt, ging damit offensiv um, beispielsweise bei Fernsehauftritten, auch um anderen Menschen Hoffnung zu machen. Dieser mutige Schritt brachte ihm große Sympathien ein. Am gestrigen Samstag ist Christoph Daum „friedlich im Kreise seiner Familie verstorben“, wie die Angehörigen mitteilten.

DFL-Geschäftsführer Marc Lenz: „Christoph Daum war ein echtes Kind der Bundesliga. Als Motivator und Kommunikator ohne vorherige Laufbahn als Profi hat er den Trainerberuf und die Bundesliga im beginnenden Medienzeitalter mit geprägt und blieb sich über seine ganze Laufbahn hinweg sowohl im Erfolg wie auch nach Rückschlägen und Fehlern treu. Nicht nur seine Spieler konnte er immer wieder zu Höchstleistungen motivieren – als öffentlicher Kämpfer gegen seine Krebserkrankung hat er in den vergangenen Jahren unzähligen Menschen Mut gemacht. Wir trauern mit seiner Familie und allen Weggefährten um Christoph Daum.“