Reger Austausch zwischen Clubs der Bundesliga sowie 2. Bundesliga und jüdischer Gemeinschaft bei gemeinsamem Fachtag zu Antisemitismus und Profifußball
30.03.2022 – Welche Erfahrungen liegen bei Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga in Bezug auf Antisemitismus vor? Wie erkenne ich als Verantwortlicher Antisemitismus? Und welche Projekte und Initiativen anderer Clubs gibt es bereits?
Unter anderem diesen Fragen war der heutige Fachtag „Antisemitismus und Profifußball: Herausforderungen, Chancen, Netzwerk“ mit mehr als 100 Teilnehmenden im SIGNAL IDUNA PARK von Borussia Dortmund gewidmet. Mit der gemeinsamen Ausrichtung der Konferenz kooperierten die DFL Deutsche Fußball Liga, der World Jewish Congress (WJC) und der Zentralrat der Juden in Deutschland erstmals bei der Bekämpfung von Antisemitismus innerhalb und außerhalb des Sports.
An dem ganztägigen Fachtag nahmen Vertreterinnen und Vertreter von Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga, jüdischen Organisationen und Gemeinden sowie weitere Expertinnen und Experten teil.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, erklärte zu Beginn des Fachtags: „Die Vereine der Fußball-Bundesliga haben schon seit langem das Problem erkannt. Es gibt eine Fülle von Initiativen, vor allem für die Erinnerung an Sportler, die in der Nazi-Zeit ausgeschlossen wurden oder in der Schoa ermordet wurden. Mit unserem heutigen Fachtag schlagen wir eine weitere Richtung ein: stärker in die Gegenwart.“
Die Beschäftigung mit dem Thema Antisemitismus ist ein stetiger Prozess, der keinen Abschluss findet.
Ansgar Schwenken, Mitglied der DFL-Geschäftsleitung
Ähnlich äußerte sich Maram Stern, Vizepräsident des World Jewish Congress: „Der Kampf gegen den Antisemitismus in der Gesellschaft wird nicht durch Worte der Politik entschieden, sondern durch Taten und tägliche und nachhaltige Arbeit in allen Teilen der Gesellschaft.“
Ansgar Schwenken, Mitglied der DFL-Geschäftsleitung, erklärte: „Die Beschäftigung mit dem Thema Antisemitismus ist ein stetiger Prozess, der keinen Abschluss findet, weil man irgendwann vermeintlich genug weiß oder sich genug mit dem Thema beschäftigt hat. Der heutige Fachtag ist deshalb genau der richtige Weg, um den Herausforderungen gemeinsam zu begegnen.“
Von Seiten der Bundesregierung sprachen der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, Dr. Felix Klein, und der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Inneres und Heimat, Mahmut Özdemir.
Staatssekretär Özdemir unterstrich in seinem Grußwort: „Antisemitismus ist leider auch im Sport ein allgegenwärtiges Problem. Nur mit gemeinsamen Kräften wird es gelingen, dagegen vorzugehen. Der Profifußball, der World Jewish Congress und der Zentralrat der Juden setzen mit dieser Veranstaltung daher ein unmissverständliches Zeichen.“
„Hier wird die verbindende Kraft des Sportes besonders deutlich“
Dr. Felix Klein verwies auf die Bedeutung des Sports für das Miteinander: „Jüdisches Leben ist wunderbar vielfältig. In allen Lebensbereichen gibt es Jüdisches zu entdecken, und dabei viel mehr Verbindendes als Fremdes. In den Mannschaften von Makkabi spielen zum Beispiel nicht nur Juden, sondern – wie in anderen Vereinen auch – ebenso muslimische und andere nicht-jüdische Menschen. Hier wird die verbindende Kraft des Sportes besonders deutlich!“
Der Fachtag folgte dem bereits bestehenden Engagement von Clubs und DFL mit zahlreichen Erinnerungsprojekten und historisch-politischer Bildungsarbeit. Im vergangenen Jahr hatte die DFL-Mitgliederversammlung mit den 36 Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga einstimmig entschieden, die Antisemitismus-Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zu übernehmen und sich damit deutlich und unmissverständlich gegen jede Erscheinungsform von Antisemitismus zu positionieren. Ein gemeinsames Verständnis von Antisemitismus ist eine Voraussetzung für eine wirksame Bekämpfung – das betonten auch die Redner auf der heutigen Veranstaltung.
Im Anschluss an die Grußworte folgten drei Keynotes. Die Literaturwissenschaftlerin Dr. Yael Kupferberg thematisierte Kontinuitäten und mögliche Zeitenwenden, die der Antisemitismus in Deutschland seit 1945 erfahren habe. Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, zeigte die gesellschaftlichen und politischen Dimensionen der Antisemitismuserfahrung und -bekämpfung auf. Abschließend griff der Antisemitismusforscher Pavel Brunssen das Gesagte auf und stellte die Bezüge zum Fußball heraus.
Am Nachmittag wurde der Fachtag mit Workshops in verschiedenen Arbeitsgruppen fortgesetzt.
Impressionen vom Fachtag in Dortmund: