„Fanarbeit hat sich rasch fortentwickelt und professionalisiert“
22.11.2019 – Die Arbeit der Fanbeauftragten der 36 Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga stand im Mittelpunkt des zweiten Teils unserer neuen Serie, die Einblicke in die Fanarbeit der DFL gibt. Daran anknüpfend haben wir mit drei Fanbeauftragten gesprochen, die die Interessen ihrer Zunft auf Bundesebene vertreten. Wie sind die Bundessprecher der Fanbeauftragten genau organisiert, welche Aufgaben nehmen sie konkret war und wie arbeiten sie mit der DFL zusammen?
Diese und weitere Einblicke finden Sie im nachstehenden Interview mit den drei BundessprecherInnen der Fanbeauftragten: Julia Düvelsdorf, (SV Werder Bremen), Christian Schmidt (VfB Stuttgart) und Dirk Michalowski (VfL Bochum 1848).
Seit wann gibt es die Sprecherinnen und Sprecher der Fanbeauftragten im Fußball und wie sind sie organisiert?
Die ersten Sprecher der Fanbeauftragten wurden 1999 gewählt. Ziel war es damals, die Interessen der gesamten Kollegenschaft gegenüber dem Deutschen Fußball-Bund zu vertreten. Die Fanarbeit hat sich seitdem rasch fortentwickelt und professionalisiert. Die Anzahl der Kolleginnen und Kollegen ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Um auf diese Entwicklungen zu reagieren, effektiv arbeiten zu können, Netzwerke vor Ort auszubauen und lange Reisen zu vermeiden, haben wir uns 2015 in fünf Regionen unterteilt. Neben Nord, Ost, West und Süd gibt es den Bereich Süd-West, in den Bereichen sind die Clubs gleichmäßig verteilt. In diesen Regionen treffen sich die Kolleginnen und Kollegen in regelmäßigen Abständen zum Austausch. Die fünf Regionen wählen jeweils eine Sprecherin oder einen Sprecher. Neben den Regionalsprechern gibt es aktuell drei bundesweite Sprecher. Sie werden auf der Jahrestagung aller Fanbeauftragten jeweils für zwei Jahre von den Kolleginnen und Kollegen gewählt.
Was sind Ihre Aufgaben als bundesweite Sprecher der Fanbeauftragten der Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga?
Grundsätzlich versuchen wir, die Interessen unserer Berufsgruppe, also der Fanbeauftragten der Bundesliga und 2. Bundesliga, zu vertreten. Wir bieten aber durch die Regionen ebenfalls ein Netzwerk für die Kolleginnen und Kollegen der anderen Ligen. Wir stehen als Ansprechpartner bei Konflikten oder allgemeinen Fragen zur Verfügung, quasi eine Form der kollegialen Beratung. Wir unterstützen beispielsweise bei Konfliktlagen mit den Fanszenen oder auch anderen Netzwerkpartnern, geben wichtige Hinweise bei Themen rund um Antidiskriminierungsarbeit, aber auch bei Fragen zur individuellen Arbeitssituation. Grundsätzlich können so die Erfahrungen aus langjähriger Arbeit den Jüngeren zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin sind wir die Ansprechpartner für die DFL Deutsche Fußball Liga und den DFB. Bei den Fußballverbänden sind wir salopp gesagt die „Lobbyisten“ für unsere Berufsgruppe und werden bei vielen Entscheidungen, die uns direkt in unserer Arbeit betreffen, beratend hinzugezogen. Als Sprecher vertreten wir auch unsere Profession in einigen Beratungsgremien von DFL und DFB wie der AG Fankulturen und bringen hier stellvertretend die Expertise der Fanbeauftragten ein. Außerdem rufen wir Projekte in Sachthemen rund um die Fans ins Leben und arbeiten hier auch mit Kolleginnen und Kollegen sowie Netzwerken auf der europäischen Ebene zusammen.
Wie hat sich die Rolle der Sprecher der Fanbeauftragten in den vergangenen Jahren verändert?
Zunächst lag der Fokus stark auf der Entwicklung und Professionalisierung des Berufsstands. Dazu gehörte die Einführung von Hauptamtlichkeit, die Erarbeitung eines Stellenprofils und viel Aufklärungsarbeit bei den Netzwerkpartnern über Rolle und Aufgaben der Fanbeauftragten. Für viele Dinge, die heute selbstverständlich erscheinen, haben sich die vormaligen und aktuellen Sprecher im Dialog mit den Verbänden, den Netzwerkpartnern und Clubs stark gemacht. Die heutige Arbeit ist geprägt von inhaltlicher Beratung und Mitgestaltung der zahlreichen Themen des Berufsstandes und im Netzwerk. Gemeinsam mit der DFL-Abteilung Fanangelegenheiten planen wir die jährlichen Tagungen der Fanbeauftragten, beraten die DFL hinsichtlich verschiedener adäquater Fortbildungsangebote und stehen im engen Austausch – auch zu aktuellen und spieltagsbezogenen Ereignissen.
Vertreten Sie auch die Faninteressen gegenüber der DFL?
Grundsätzlich verstehen wir uns nach wie vor als eine kritische Begleitung der verschiedensten Entwicklungen rund um die vereinsbezogene Fanarbeit in der Bundesliga und 2. Bundesliga und vertreten die Interessen unseres Berufsstandes. Dabei spielen naturgemäß die Interessen der Fans eine herausgehobene Rolle. Denn: Zu verstehen, was die Fans bewegt, antreibt, beunruhigt oder wütend macht, darauf baut unsere Arbeit auf. Fußballspiele sind heutzutage einfach sehr komplex, das Zusammenkommen von zigtausenden unterschiedlichen sozialen Milieus, Schichten, Alters- und Religionsgruppen, Familien, immerhin getrennt in den Farben zweier sportlicher Rivalen, muss sensibel und umsichtig und unter Wahrung verschiedener Sicherheits- wie Freiheitsinteressen organisiert werden. Fanarbeit ist längst nicht mehr zum Beispiel auf die Ebene der Betreuung von Fanbussen fokussiert.
Vielen Dank für dieses Gespräch.