Fragen und Antworten zu Stadionallianzen
15.08.2019 – Bereits seit der Saison 2017/18 setzen DFL und die Landesinformationsstelle Sporteinsätze des Innenministeriums Baden-Württemberg auf eine einzigartige Allianz, die vor allem auch die Zahl der bei Risikospielen eingesetzten polizeilichen Einsatzkräfte weiter senken soll.
Wichtige Fragen und Antworten zu den Stadionallianzen:
Was ist das Ziel der Stadionallianzen?
Ziel der Stadionallianzen ist die Intensivierung und Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Clubs, Fanprojekten, städtischen Behörden und polizeilichen Sicherheitsbehörden bei der Organisation und Durchführung von Fußballspielen.
Wesentliche Grundlage der Stadionallianzen sind veränderte, insbesondere verbindliche Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen, eine gemeinsame Risikoprognose und damit auch ein angepasster Kräfteeinsatz der Polizei. Dadurch sollen Konfliktsituationen reduziert und die Sicherheit maximiert werden. Den Kern der Stadionallianzen bildet eine intensivierte spieltagsbezogene Zusammenarbeit von Clubs, Fanprojekten und der Polizei vor allem zwischen entscheidungsbefugten Verantwortlichen, die vor, während und nach einem Spiel gemeinsame Entscheidungen treffen und diese auch nach außen gemeinsam tragen.
Gemeinsames Anliegen ist, das Zusammenwirken der beteiligten Sicherheitsakteure weiter zu vertiefen. Gleichzeitig wächst dabei auch das Verständnis für die grundsätzlich klar abgegrenzten Verantwortungsbereiche – bei gleichzeitiger Nutzung von Synergien. Denn die gemeinsame Haltung verdeutlicht: Mehr Sicherheitskräfte bedeuten nicht automatisch mehr Sicherheit – eine klare Aufgabenteilung und intensive Zusammenarbeit zwischen den Akteuren hingegen stärkt die Handlungssicherheit vor Ort.
Konzepte wie dieses können eine Lastenteilung ermöglichen, die das Stadionerlebnis und das Sicherheitsgefühl optimieren – und zugleich Ressourcen schonen.
Wie sind die Stadionallianzen entstanden?
Im Oktober 2016 wurden drei Fan-Studien der DFL und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im Nationalen Ausschuss Sport & Sicherheit vorgestellt (Untersuchungs-/Forschungszeitraum: 2013 bis 2016). Die Studien bieten einen grundlagenwissenschaftlichen Blick unter anderem mit dem Ziel einer verbesserten Verständigung von Akteuren im Profifußball. Im Frühjahr und Sommer 2017 wurde auf Initiative der Landesinformationsstelle Sporteinsätze beziehungsweise des Landespolizeipräsidiums Baden-Württemberg gemeinsam mit der DFL auf Grundlage der Studien ein Maßnahmenpaket für Baden-Württemberg entwickelt. Die Fachhochschule Potsdam, maßgeblich beteiligt an den drei Fan-Studien, leistete mit ihrer Mitarbeit an den Fachtagungen Stadionallianzen zudem einen wertvollen Beitrag.
Wie gestaltet sich die Arbeit innerhalb der Stadionallianzen konkret?
Den Kern der Arbeit bilden folgende Voraus- bzw. Zielsetzungen:
- Schaffung politischer Rahmenbedingungen und die Bereitschaft, gemeinsam neue Wege zu gehen.
- Arbeit in standortbezogenen Kleingruppen, Aufbau belastbarer und kompetenter Beziehungen im örtlichen Verbund
- Verabredung verbindlicher Strukturen – passgenau für die jeweiligen Standorte
- Anerkennung der gegenseitigen Expertise
- Schaffung einer Mentalität von Gemeinschaftlichkeit zur Durchführung einer Großveranstaltung
- Benennung und Einigung auf Ansprechpersonen der Standorte (Vertreter) für Innenministerium/Landespolizeipräsidium
- Verknüpfung regionaler Methodik mit grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnissen
Welche Netzwerkpartner stehen im Rahmen der Stadionallianzen genau im Austausch?
Bundespolizei, Polizeien der Länder, Veranstaltungsleiter, Sicherheitsbeauftragte, Fanbetreuung der Clubs, von Clubs eingesetzte Ordnungsdienste, kommunale Stellen, Feuerwehr und Rettungsdienste, Fanprojekte, Gastclub-Ordner und Gastclub-Fanbetreuung.
Hervorzuheben ist, dass die Entwicklung und Auslegung der Konzepte für Stadionallianzen vor Ort verantwortet werden und das Innenministerium als Partner und nicht als „Kontrolleur“ gesehen wird. Über das Innenministerium wird jedoch eine wichtige politische Rückendeckung für die handelnden Akteure der lokalen Stadionallianzen abgesichert.
Zuletzt trafen sich im Juli die Beteiligten aller Spielorte mit Stadionallianzen auf Einladung des Innenministeriums Baden-Württemberg und der DFL zu einer zweitägigen Tagung, um sich auf die Spielzeit 2019/20 vorzubereiten. Die Bandbreite der Standorte in Baden-Württemberg ist enorm: Stuttgart, Freiburg, Hoffenheim, Ulm, Aspach, Mannheim, Heidenheim, Sandhausen, Aalen, Reutlingen und Karlsruhe.
Wie lauten die bisherigen Ergebnisse der Stadionallianzen?
Insgesamt ist an allen Standorten eine weiter verbesserte Zusammenarbeit aufgebaut sowie das Vertrauen untereinander gestärkt worden. Konkret konnte zuletzt die Einsatzbelastung der Polizei Baden-Württemberg in der Saison 2018/19 im Vergleich zur vorherigen Spielzeit in der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga um insgesamt etwa 4.500 Einsatzstunden reduziert werden. Bereits in der Saison 2017/18 gab es eine merkliche Reduzierung auf Seiten der Polizei: bei Begegnungen der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga um mehr als 25.000 Einsatzstunden. Ebenso lassen sich für die genannten Zeiträume ein Rückgang der Strafanzeigen sowie ein Rückgang der verletzten Personen verzeichnen. Dabei ist zu beachten, dass die Sicherheit aller Fußballspiele auf sehr hohem Niveau blieb.
Wie ist der Ausblick auf die Spielzeit 2019/20?
Insbesondere im Rahmen der jüngsten Tagung der Beteiligten im Juli bildeten die Vorbereitungen auf die sich abzeichnenden Risikospiele in der 2. Bundesliga und 3. Liga einen Arbeitsschwerpunkt. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl zeigte sich mit Blick auf die kommende Spielzeit „zuversichtlich, dass wir unser Ziel, durchschnittlich weniger Einsatzstunden bei gleichbleibend hohem Sicherheitsniveau, trotz einiger Hochrisikospiele erreichen können“.
Wird es Veränderungen oder Anpassungen der Stadionallianzen geben?
Baden-Württembergs Innenminister Strobl sagte: „Wir haben angekündigt, dass wir künftig die Fanprojekte und -gruppierungen verstärkt in die Risikobewertung und die Planung des Spieltages einbeziehen wollen. Dem sind wir ein gutes Stück nähergekommen. Wir reichen somit allen die Hand. Das dürfte einzigartig in Deutschland sein“. Außerdem werden zahlreiche Ansätze, die sich an einzelnen Standorten bewährt haben, in der nächsten Zeit auf Praktikabilität und Umsetzung an anderen Standorten getestet und gegebenenfalls übernommen. Die elf Standorte aus Baden-Württemberg können als Verbund-System angesehen werden, in dem die Beteiligten auch voneinander lernen. Die Kommunikationsvielfalt zu Gästefans auszubauen, ist darüber hinaus in den meisten Standorten ein wichtiges Thema für die neue Saison.
Wie fällt das Zwischenfazit aus?
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl zog eine positive Zwischenbilanz und gab ein klares Bekenntnis zu den Stadionallianzen ab: „Die deutliche Reduzierung der Einsatzbelastung unserer Polizei in den letzten beiden Spielrunden zeigt, dass wir uns auf einem richtig guten Weg partnerschaftlicher Zusammenarbeit befinden. Diesen Weg setzen wir fort! Unsere bundesweit einmaligen Stadionallianzen haben sich bis dato bewährt: sichere Fußballspiele – weniger Polizei!“
Ansgar Schwenken, Mitglied der DFL-Geschäftsleitung sowie Direktor Fußball-Angelegenheiten & Fans, erklärte: „Die Stadionallianzen in Baden-Württemberg können ein Modell für andere Bundesländer sein.“ Schwenken betonte zudem, dass „die intensivierte spieltagsbezogene Zusammenarbeit von Clubs, Fanprojekten und der Polizei – wie sie in Baden-Württemberg durch die Stadionallianzen praktiziert wird – ein essenzieller Beitrag zu einem sicheren Stadionerlebnis und zur Reduzierung von Polizeieinsatzstunden ist. Ich wünsche mir, dass weitere Bundesländer diesem guten Beispiel folgen.“
Stand: 28. November 2022