Virtuelle Werbung in der Bundesliga

Im SIGNAL IDUNA PARK kommt virtuelle Werbung zum Einsatz - die LED-Bande wird im TV-Signal für verschiedene Regionen mit unterschiedlichen Werbepartnern digital überblendet.
Foto: DFL/Getty Images/Lukas Schulze

28.01.2025 – Durch die Nutzung von virtueller Werbung in der Bundesliga können die Fußballclubs ihren Sponsoren individuellere Werbemöglichkeiten anbieten und dadurch auch ihre eigenen Vermarktungserlöse erhöhen. Dabei wird das im Stadion vorhandene Bandenbild im Live-Übertragungssignal digital überblendet. Anstatt eines Feeds für den gesamten internationalen Markt können so in der Bundesliga bis zu fünf unterschiedliche Feeds pro Spiel für die verschiedenen Zielregionen verbreitet und je Region unterschiedliche Werbepartner und Botschaften transportiert werden. Es sind dabei lokalisierte Ausspielungsmöglichkeiten in den Regionen Nordamerika, Zentral- und Südamerika, Europa/Mittlerer Osten/Afrika sowie in Zentralasien und Südostasien/Australien/Ozeanien möglich.

Über die Umsetzung von und Erfolge mit virtueller Werbung berichten Tim Achberger, Director Technology & Product Management bei Sportcast und Benedikt Scholz, Direktor Internationalisierung & Commercial Partnerships bei Borussia Dortmund.

Benedikt Scholz, Direktor Internationalisierung & Commercial Partnerships bei Borussia Dortmund (links), und Tim Achberger, Director Technology & Product Management bei Sportcast.

Wie funktioniert die virtuelle Überblendung technisch?

Tim Achberger: Für die Umsetzung von virtueller Werbung werden Technologien genutzt, die in der Lage sind, die Bereiche der LED-Bande, die nicht durch bewegliche Objekte verdeckt sind, mit einer alternativen Grafik zu überblenden. Sobald die Software einmal gelernt hat, wo die Bande steht, kann sie die Inhalte individuell austauschen. Da der Aufwand sehr hoch ist, wird die Technologie aktuell ausschließlich für die Kamera 1, die Führungskamera, angewendet, die circa 70 Prozent der Spieldauer abbildet.

Wer ist bei der Umsetzung involviert?

Tim Achberger: Am Anfang des Prozesses steht der Club, der sich dazu entscheidet, mehrere internationale Feeds sowie virtuelle Bandenwerbung anzubieten. Für die entsprechende Überblendung der Banden wird mit Dienstleistern zusammengearbeitet, die auf das Thema virtuelle Werbung spezialisiert sind und entsprechende Softwarelösungen für eine Überblendung anbieten. Sportcast als Host Broadcaster der Bundesliga und 2. Bundesliga koordiniert den Prozess zwischen den Clubs und deren Dienstleistern einerseits und den Dienstleistern der virtuellen Werbung und gegebenenfalls weiteren technischen Dienstleistern andererseits. Ziel ist ein reibungsloses Zusammenspiel bei gewohnt hoher Qualität im Live-Broadcast. 

Seit wann setzt Borussia Dortmund auf virtuelle Bandenwerbung?

Benedikt Scholz: Wir haben in der Saison 2018/19 begonnen, virtuelle Bandenwerbung einzusetzen – unmittelbar nachdem es die Freigabe der DFL für diese Technologie gab.

Was waren seinerzeit die Gründe für die Einführung im SIGNAL IDUNA PARK?

Benedikt Scholz: Es war ein folgerichtiger Schritt im Rahmen unserer Internationalisierungs-Strategie: Unsere internationale Wahrnehmung hatte durch die beiden Meisterschaften und das Champions League Finale stark zugelegt und die virtuelle Werbung war ein weiterer Baustein, um in internationalen Märkten zielgruppengerecht – in der richtigen Sprache und mit den richtigen Botschaften – zu kommunizieren.

Ich nutze hier gerne das Beispiel der Bierbranche: Das Bier unseres Partners Brinkhoffs ist auf anderen Kontinenten nicht erhältlich. Wir haben aber in den Jahren zuvor über die statische Bande weltweit im TV-Signal für Brinkhoffs geworben. Seit der Einführung der virtuellen Werbung differenzieren wir und haben einen chinesischen sowie einen US-amerikanischen Bierpartner für die jeweiligen internationalen Feeds hinzugewonnen.

Welche Systeme sind derzeit zugelassen, welche tatsächlich im Einsatz?

Tim Achberger: Während der Anfänge war virtuelle Werbung nur in Verbindung mit zusätzlicher Hardware an den Übertragungskameras möglich – weshalb man von einem „hardwarebasierten System“ gesprochen hat. Mittlerweile liegt der Fokus jedoch auf dem Einsatz von softwarebasierten Technologien, die jede vorhandene Bande in einem Stadion überblenden können – teilweise inklusive der neben dem Tor ausliegenden Cam Carpets. Es gibt derzeit mehrere Firmen, die nach intensiver Prüfung durch die DFL und insbesondere Sportcast die Zulassung als Dienstleister für die Bundesliga erhalten haben: TGI, Supponor (gehört inzwischen zu TGI) und AIM. In der abgelaufenen Saison wurden circa 150 Spiele mit virtueller Werbung aufgewertet, ein Großteil dieser Partien mit der Technologie von Supponor. Für die aktuelle Saison 2024/25 ist mit einer weiteren Steigerung der Anzahl Spiele zu rechnen.

Wie hat sich die Technologie seit der Einführung beim BVB entwickelt?

Benedikt Scholz: Als wir gestartet sind, war die hardwarebasierte Lösung die technologisch sicherste, deswegen war es auch die richtige Entscheidung auf dieser etwas ressourcenintensiveren Technologie zu starten. In der Zwischenzeit haben wir auf die softwarebasierte Lösung „TGI Sports Air“ (ehemals „Supponor Air“) umgestellt, diese erfordert keine dedizierte Bandentechnik, Kameraaufbauten oder spezifisches Personal im Stadion, sondern kann vollumfänglich von dem zentralen Produktionsstandort aus umgesetzt werden, an dem die DFL die internationalen Sendesignale aller Bundesliga-Spiele erstellt. Technologisch funktionierte die virtuelle Bandenwerbung von Tag eins an reibungslos, mit der Leistung unseres Partners TGI sind wir sehr zufrieden.

Wie zufrieden ist Borussia Dortmund aus Vermarktungsperspektive?

Benedikt Scholz: Aus Vermarktungsperspektive waren wir ebenfalls ab Start profitabel. Unser Vermarktungspartner Sportfive hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und wir haben gemeinsam unser internationales Netzwerk auf die neuen Möglichkeiten angepasst. Die virtuelle Werbung ist für uns ein sehr wichtiger Baustein im kommerziellen Wachstum und entsprechend positiv fällt unser Fazit aus.

Was ist der entscheidende Erfolgsfaktor bei der technischen Umsetzung von virtueller Werbung?

Tim Achberger: Das Zusammenspiel aller beteiligten Gewerke ist essenziell, um einen möglichst reibungslosen Einsatz in der seriellen Produktion zu erzielen. Die intensive Auseinandersetzung mit der Thematik, sowohl aus Produkt- als auch aus technischer Umsetzungsperspektive, ist aufgrund der Kompetenzen der DFL-Gruppe in dieser Form möglich und garantiert den Einsatz der Technologien bei einer gleichzeitig sehr qualitativ hochwertigen Signalproduktion.

Welche Erwartungen gibt es bezüglich der Weiterentwicklung virtueller Werbung?

Benedikt Scholz: Die Technik läuft grundlegend stabil und sie kann auf weitere Werbemittel ausgeweitet werden. Mittlerweile bieten wir auch virtuelle Cam Carpets und ich sehe in der softwarebasierten Lösung vor allem die Vorteile der flexiblen Nutzung und Skalierbarkeit. Die Grundlage dafür ist allerdings die Relevanz der Bundesliga und von Borussia Dortmund in den internationalen Zielmärkten an der wir auf und neben dem Platz intensiv arbeiten.

Neben der digitalen Überblendung gibt es einen zweiten Weg, unterschiedliche Werbepartner im nationalen und internationalen TV-Signal auf den LED-Banden zu zeigen. Die Parallel Ads-Technologie des Anbieters TGI Sport arbeitet mit den Bildfrequenzen der TV-Produktion. In definierten Intervallen nehmen die TV-Kameras unterschiedliche Bilder der LED-Banden in der BayArena auf. Während die Stadionbesucher und die Zuschauerinnen und Zuschauer am TV-Bildschirm in der DACH-Region keine Veränderung wahrnehmen, kann das Bild der LED-Banden durch die neue Technologie im internationalen Sendesignal für internationale Zuschauer angepasst werden. Bayer 04 Leverkusen setzt die Technologie seit der Saison 2023/24 in der BayArena ein.